Um herauszufinden, ob ein Prostatakrebs radikal behandelt werden muss, ist eine feingewebliche Untersuchung des Tumors nötig. Das nötige Gewebe entnehmen die Ärzte durch eine Stanzbiopsie. Kann ein neuer Urintest den Betroffenen diese schmerzhafte Prozedur ersparen?
Aggressiven Krebs erkennen
Nicht jeder Prostatakrebs wird heute gleich radikal behandelt. Weil eine Operation oft schwerwiegende Folgen wie Inkontinenz und Impotenz nach sich zieht, raten die Urologen bei weniger aggressiven, langsam wachsenden Tumoren oft erst einmal zum Abwarten, dem sogenannten „Watchful Waiting“. Wie aggressiv ein Krebs ist, erkennen die Ärzte bei der feingeweblichen Untersuchung von Tumorgewebe. Dafür entnehmen sie mit einer sogenannten Stanzbiopsie Gewebeprobe aus der Prostata. Das ist nicht nur schmerzhaft, sondern manchmal auch nicht zuverlässig: Erwischt man beim Stanzen zufällig nur tumorfreies Gewebe, kann ein Krebs auch übersehen werden.
Krebs entlässt genetische Spuren
Ein neuer Urintest soll nun die schmerzhafte Stanzbiopsie der Prostata ersetzen. Hintergrund ist, dass bei der Tastuntersuchung der Prostata genetisches Material in die Harnwege und damit in den Urin gelangt. Sitzt ein bösartiger Tumor in der Prostata, gelangt dabei auch dessen genetisches Material als sogenannte Boten-RNA in den Urin. Genau diese Krebs-RNA lässt sich aufspüren, wenn der Urin gleich nach dem Abtasten der Prostata untersucht wird.
An 177 Krebspatienten und gesunden Männern konnten nun britische Forscher nachweisen, dass sich die Aggressivität eines Prostatakrebses anhand seiner genetischen Spuren im Urin beurteilen lässt. Ein drohendes Fortschreiten des Krebses wurde durch die speziellen Urinuntersuchungen nach Abtasten der Prostata bis zu 5 Jahre früher entdeckt als mit den klinischen Standardmethoden.
Urintest statt Stanze
Werden diese Ergebnisse in nachfolgenden Studien bestätigt, könnte man Prostatakrebs-Patienten unter „Watchful Waiting“ die schmerzhafte Stanzbiopsie ersparen, erklären die Forscher. Anhand von regelmäßigen Urintests in Kombination mit dem PSA-Wert ließe sich die Aggressivität des Tumors auch ohne feingewebliche Untersuchung erkennen und bestimmen, wann eine Behandlung mit Operation oder Bestrahlung nötig wird.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt