Der Sturz vom Fahrrad, der Biss von Nachbars Hund: Narben erzählen Geschichten. Besonders im Gesicht ziehen sie aber ungewollt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Münchner Forscher widmen sich diesem noch recht unerforschten Wissensgebiet – mit ersten Erfolgen.
Vielen Schönheitsidealen der letzten Jahrhunderte ist gemein, dass die Menschen sichtbare Zeichen von Wunden und Verletzungen lieber verdecken als offen zur Schau stellen. Der Nachwuchsgruppenleiter am Helmholtz Zentrum München Yuval Rinkevic ergänzt: „Umso bemerkenswerter ist es, dass die Prozesse der Narbenbildung nach wie vor relativ schlecht verstanden sind.“
Auf das Bindegewebe kommt es an
Können sich Wunden ohne Narbenbildung auf der Haut verschließen und welche Zellen sind hierfür verantwortlich? Rinkevich erläutert die ersten Forschungsergebnisse: „Wir konnten zeigen, dass die Bindegewebszellen (Fibroblasten) der Haut, die für die Wundheilung zuständig sind, keine einheitliche Gruppe darstellen. Nach unseren Erkenntnissen gibt es vier verschiedene Arten dieser so genannten Fibroblasten, deren Zusammensetzung dafür verantwortlich ist, wie stark oder schwach eine Wunde vernarbt.“
Alter spielt große Rolle
Was in jungen Jahren spurlos verschwindet, hinterlässt bei erwachsenen Personen Narbengewebe. Rinkevich bestätigt: „Wird die Haut eines sich entwickelnden Embryos verletzt, bildet sie sich einfach nach. In späteren Stadien des Lebens hingegen vernarben die Wunden.“ Das Forscherteam wies nach, dass dieses Phänomen an einer unterschiedlichen Ausstattung der Haut mit Bindegewebszellen liegt: Mit dem Alter nimmt die Zahl der regenerativen Zellen ab und umgekehrt, die der narbenbildenden Zellen nimmt zu. Das Transplantieren von Zellen aus Mäuseembryonen in erwachsene Tiere verringerte die Narbenbildung bei diesen deutlich und bestätigte frühere Befunde.
Die Zielsetzung von Rinkevich und seinem Team ist klar: „Wir wollen mit neuen experimentellen Ansätzen verstehen, wie diese narbenlose Wundheilung funktioniert und diesen Prozess dann langfristig klinisch nachbauen.“ Auch bei schweren Erkrankungen wie Verbrennungen oder Lungenfibrose finden diese Ansätze möglicherweise in Zukunft Anwendung.
Quelle: Helmholtz Zentrum München